Faszien – was steckt hinter dem Hype um sie?
Zu den Faszien gehört das Bindegewebe des Bewegungsapparates, aber auch die festen Hüllen um die Organe und Hüllen um den kompletten Körper.
Dazu gehören:
Fasziales Bindegewebe besteht aus feinen, aber sehr widerstandsfähigen Fasern, den sogenannten Kollagen-Fasern. Durch dreidimensionale Anordnung bilden sich daraus dünne, aber sehr zähe Häute.
Dieses Fasziengewebe findet sich auch an tierischen Lebensmitteln. Die weißlich-durchsichtige Haut um die Hähnchenbrust gehört zum Fasziengewebe - genauso wie die derben weißen Anteile einer Rinderbeinscheibe.
Eine einheitliche Form und Größe gibt es beim Fasziengewebe nicht.
Je nach Gewebe, dass sie umhüllen, können sie hauchdünn, aber auch mehrere Millimeter dick sein. Teilweise sind sie auch hoch-elastisch, wie zum Beispiel die faszialen Strukturen um die Lunge herum. Diese Elastizität kommt durch die Einlagerung von Elastin-Fasern zustande.
Faszien umhüllen einzelne Muskelfasern, mehrere Muskelfasern als sogenannte Muskelfaserbündel und den kompletten Muskel. Aus diesen Hüllen bilden sich an den Enden der Muskeln die kraftvollen Sehnen. Die Sehnen wiederum verbinden sich mit dem Knochen und der Knochenhaut. Auf diese Weise kann die Kraft der Muskeln auf das Skelett übertragen werden.
Ohne Faszien keine Bewegung.
Eine weitere Besonderheit der Faszien ist ihre Kontraktilität - die Fähigkeit sich anzuspannen. Ähnlich wie die Muskulatur enthält das fasziale Bindegewebe Zellen, die sich zusammenziehen können - sogenannte Myofibroblasten. Anders als bei der Muskulatur werden diese Zellen durch hormonähnliche Botenstoffe aktiviert. Dadurch können die Myofibroblasten nicht bewusst, also willentlich, aktiviert werden. Man selbst hat keinen bewussten Einfluss auf die Anspannung der Myofibroblasten.
Außerdem bestehen Faszien aus einer veränderlichen Matrix. Diese Matrix liegt um die Zellen der Faszien und besteht aus den verschiedenen Fasern - vor allem Kollagen und Elastin - und Flüssigkeit. Sie gibt der Faszie ihre Struktur und ermöglicht ihre spezifischen Funktionen. Je nach Belastungen, die auf die Faszien wirken und passen sich die Faszien an, indem einzelne Bestandteile vermehrt gebildet oder umgebaut werden.
Je mehr Elastizität die Faszien benötigt, desto mehr Elastin wird eingelagert - je stabiler die Faszie sein muss, desto mehr Kollagen wird eingelagert.
Faszien spielen eine entscheidende Rolle beim Stoffwechsel und der Immunabwehr. Gehirn, Knochen, Muskeln und einzelne Muskelfasern werden von den kollagenreichen Fasern umhüllt und geschützt. Sie helfen auch die inneren Organe zu stabilisieren und gewährleisten überhaupt erst die Funktionalität des gesamten Muskelsystems, da sie den ganzen Körper zu einer Einheit verbinden.
Wie bereits beschrieben sind Faszien notwendig, damit Muskeln ihre Kraft auf den Bewegungsapparat übertragen können. Dadurch sind sie für den Bewegungsapparat und die Mobilität von essentieller Bedeutung.
Aber nicht nur für die Bewegung, sondern auch für die Wahrnehmung der Bewegung und der Stellung der einzelnen Körperabschnitte zueinander sind die faszialen Bindegewebe wichtig. In den Faszien häufen sich große Mengen an Rezeptoren und Nervenzellen.
Faszien werden auch als Basis der koordinativen Körperwahrnehmung bezeichnet.
Außerdem wird die Lymphflüssigkeit über die Faszien abgeleitet. Die Bindegewebshäute sorgen so für den Abtransport von Abbauprodukten aus dem Gewebe heraus und gleichzeitig auch für den Nährstoff-Transport zu den Geweben hin.
Deshalb sind intakte Faszien auch nach Verletzungen und Operationen so wichtig. Könnte die Lymphflüssigkeit aus dem betroffenen Gewebe oder Gelenk, wie zum Beispiel dem Kniegelenk, nicht abfließen, würde die Schwellung nicht zurückgehen. Schmerzen und Beschwerden würden dauerhaft bestehen bleiben - eine Regeneration des Gewebes wäre nicht möglich.
Werden Faszien verletzt oder zu wenig bewegt, können sich Störungen in der Funktion und der Struktur manifestieren. Die Faszien verkleben. Dadurch wir der Flüssigkeit- und Nährstofftransport, aber auch die Beweglichkeit und Belastbarkeit der Faszien massiv gestört. Auch Verspannungen der Muskulatur können zu einem Stau der Lymphe führen, wodurch wiederum Verklebungen entstehen können.
Faszien bilden ein Geflecht aus sich überlappenden Häuten, die nahtlos ineinander übergehen. So umhüllen die faszialen Häute jeden einzelnen Muskel, jeden Knochen, alle Organe, aber auch Nervenfasern, Gefäße und den Körper als Ganzes. Das ganze menschliche System ist somit über Faszien verbunden und wird zu einer funktionellen Einheit.
Da dadurch alle Körperteile untereinander in Verbindung stehen, können entstandene Spannungen und Verspannungen auch in andere Körperbereiche übergehen. Deshalb können Beschwerden am Kniegelenk ihre Ursache auch im Bereich des Beckens und der Hüfte haben. Und nur wenn diese Zusammenhänge in die Behandlung einfließen, können die Beschwerden langfristig beseitigt werden.
Spannung und Entspannung der Faszien werden durch das vegetative Nervensystem beeinflusst. Deshalb kann eine An- oder Verspannung der Faszien durch Stress, vor allem auch psychischen Stress und psychische Anspannung verursacht werden.
Leiden betroffene Menschen unter dauerhaftem Stress, werden Botenstoffe freigesetzt, die die Spannung der Faszien erhöht. Dadurch können durch mentalen Stress auch körperliche Symptome und körperliche Beschwerden ausgelöst werden.
Stress kann zu Verspannungen der Faszien führen.
Allerdings gilt dieses Phänomen auch umgekehrt. Sind unsere Faszien angespannt, dann fühlen auch wir uns unruhig und nicht wohl in unserem Körper. Bleibt diese Tonuserhöhung längere Zeit bestehen, können Beschwerden bis hin zu chronisch-degenerativen Veränderungen am Bewegungsapparat auftreten.
Wir die Spannung der Faszien durch gezielte Faszienbehandlungen und Faszientraining gelöst, wirkt sich dies auch positiv auf das vegetative Nervensystem aus.Training und Behandlung der Faszien senkt die Konzentration an Stresshormonen im Blut. Dadurch lässt nicht nur die Spannung der Faszien nach - auch der Stress wird weniger. Der Körper und Geist können zur Ruhe kommen.
Stress wirkt sich negativ auf die Faszien aus - Training und Behandlung der Faszien wiederum senkt Stress.
Im Video erfährst du, welchen Einfluss unsere Haltung auf die Faszien hat.
Faszien können sich durch Bewegungsmangel und Immobilisation, etwa nach einer Operation, oder durch langes Sitzen am Arbeitsplatz verkürzen und verhärten. Auch psychischer Stress über einen längeren Zeitraum können zu solchen Verkürzungen führen.
Die Bewegungseinschränkungen kommt daher, dass die dehnbaren Elastinanteile innerhalb der Faszie abnehmen, vermehrt Kollagen gebildet wird und sich Crosslinks innerhalb der Faszien bilden.
Unternimmt man nichts gegen die entstandenen Verkürzungen, können dauerhafte Schäden die Folge sein. Das Bewegungsausmaß unserer Gelenke nimmt deutlich ab, Muskeln können nicht mehr uneingeschränkt arbeiten - die Folge können chronische Beschwerden der Gelenke und des Bindegewebes sein.
Bewegt man sich täglich ausreichend und führt 1-2 Mal pro Woche gezieltes Faszientraining aus, muss man sich keine großen Sorgen machen.
Ausreichend Bewegung und gezieltes Faszientraining hält die Faszien gesund und leistungsfähig.
Faszien spielen, abgesehen von all den anderen Funktionen, eine enorme Rolle bei der Entfaltung von Kraft. Einerseits können nur durch die Faszien die Kräfte der Muskeln auf das Skelett übertragen. Außerdem wirken die Faszien als Energiespeicher, die Kräfte in Form von Dehnung aufnehmen und bei reaktiven Bewegungen zusätzlich zur Muskelkraft abgeben können.
Durch die elastischen Elastin-Fasern wirken Faszien wie Sprungfedern oder Gummibänder.
Die erzeugten Kräfte sind dadurch höher als die reine Muskelkraft. Faszien wirken sich direkt auf die Kraft- und Leistungsfähigkeit im Sport und im Alltag aus. Hierbei gilt: Je elastischer die beanspruchten Faszien im Körper sind, desto besser lassen sich Kräfte erzeugen.
Die menschlichen Faszien stellen zusammen mit der Muskulatur eine untrennbare Einheit dar. Deshalb können sich muskuläre Dysbalancen oder anderen muskulären Problemen negativ auf die Faszien auswirken. Verändert sich durch solche Dysbalancen die Beweglichkeit der Faszien, kann das zu Bewegungseinschränken und Fehlhaltungen führen. Die Folge können Schmerzen und chronische Beschwerden am Bewegungsapparat, wie beispielsweise Arthrose, sein.
Ebenso kann man mit einer veränderten faszialen Elastizität auch die bekannten Anlaufschwierigkeiten, wie sie bei Arthrose häufig auftreten, erklären. Meist äußern sich diese Anlaufschwierigkeiten darin, dass die Gelenke nach dem Aufstehen oder Immobilität wie langem Sitzen sehr steif und unbeweglich sind. Nach einigen Minuten lockerer Bewegung legt sich diese Steifheit wieder.
Veränderungen der Faszien wirken sich häufig negativ auf die Gesundheit des Bewegungsapparates aus.
Durch fasziale Anspannungen können außerdem muskuläre Triggerpunkte verschlimmert werden. Umgekehrt können Triggerpunkte auch zu Anspannungen in den Faszien führen. In beiden Szenarien können Schmerzen und körperliche Beschwerden durch Verspannungen der Faszien ausgelöst und verstärkt werden.
Faszientraining und Faszientherapie
Durch gezielte Faszientherapie und Faszientraining können fasziale Beschwerden wieder aufgelöst werden. Danach kann das Training präventiv eingesetzt werden, um zukünftige Beschwerden zu verhindern.
Innerhalb der Faszientherapie werden manuelle Techniken aus der Osteopathie, der Triggerpunkt-Behandlung und anderen Massage-Methoden verwendet. Auch Faszien-Behandlungs-Instrumente können genutzt werden, um einerseits die Hände des Behandlers zu entlasten oder gezielt an einzelnen Geweben Therapie-Reize setzen zu können.
Im Faszientraining werden Übungen mit der Faszienrolle und Faszienbällen durchgeführt, um die faszialen Strukturen selbst zu massieren und Durchblutung und Hydration der Faszien zu steigern. Gezielte Mobilisationsübungen aus dem Yoga, dem Pilates und andere Bewegungskonzepten werden eingesetzt, um die Beweglichkeit und Belastbarkeit der Faszien wieder zu normalisieren. Dabei werden die Übungen nicht nur dynamisch durchgeführt. Statisches als auch federndes Dehnen in den Endpositionen der Übungen gehört genauso zum Faszientraining. Daher unterscheidet sich Faszientraining in der Ausführung von klassischem Yoga und Pilates.
Meist werden zur Faszienmobilisation Übungen aus dem Yoga und Pilates abgewandelt.
Ziel des Faszientrainings und der Faszientherapie sind es die Funktion der Faszien zu normalisieren und die Faszien - Gesundheit wiederherzustellen. Dadurch werden Beschwerden am Bewegungsapparat gelindert und zukünftige Beschwerden verhindert.
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